Greengewashed oder nachhaltig?


Letzte Woche habe ich im br2 Zündfunk Generator einen interessanten Podcast zum Thema Green Washing, Recycling und Fair Fashion gehört, und ich möchte das Wichtigste hier kurz zusammenfassen.

Der Podcast und dieses Interview sind als weitere Quellen trotzdem absolut hörens- bzw lesenswert!

Podcast: Aus alt mach neu - Wie nachhaltig ist Recycling in der Mode?

Interview von Franziska Uhl mit Kai Nebel, einem Wissenschaftler im Bereich Textiltechnik an der Hochschule Reutlingen

 

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Bemühungen aller großen konventionelle Bekleidungshersteller für Umwelt, Nachhaltigkeit oder die Rechte der Arbeiterinnen haben viel mehr mit Greenwashing zu tun, als mit echten Bestrebungen für echte Verbesserungen für irgendwen oder irgendetwas.

Für die Kundenkommunikation, sprich Werbung, sind die zurzeit wichtigsten Faktoren Authentizität und Nachhaltigkeit. Und diese beiden Punkte wollen Firmen in ihrer Werbung besonders betonen.

Das die Werbung funktioniert, sieht man an den steigenden Verkaufszahlen in der Bekleidungsbranche, im Schnitt kauft jede und jeder Deutsche 60 Kleidungsstücke im Jahr. Und der Konsum, sprich Verbrauch steigt immer weiter!

H&M verspricht zum Beispiel, aus alten Kleidungsstücken neue herzustellen. Das klingt so, als würde die neue Kollektion aus den Fasern der vergangenen Kollektionen hergestellt.


Dafür kann man seine alten Klamotten bei H&M gegen einen Rabatt beim Neueinkauf abgeben.
Diese Klamotten werden dann an einen Textilsortierer verkauft. Die noch tragbaren Sachen werden nach Afrika oder Osteuropa verkauft (und bringen die dort eventuell noch vorhandene einheimische Bekleidungsindustrie in große Schwierigkeiten) oder man macht Putzlappen oder Dämmmaterial daraus. Als Textilfaser für neue Klamotten wird nur der geringste Teil verwendet.

Der Grund dafür ist, dass man Kleidung gar nicht vernünftig recyceln kann. Der Teil der Klamotten, den man nach arbeitsintensivem Sortieren, Entfärben und Herausschneiden der Metallteile übrig behält und der nicht aus Mischgeweben besteht, der wird gehächselt und zu neuen Baumwollfasern verarbeitet. Diese Fasern sind aber qualitativ minderwertiger, weil kürzer als Neufaser, weshalb man einem recycelten Kleidungsstück nur einen Anteil von höchstens 30% recyceltet Fasern beimischen kann. Ein recyceltes T-Shirt besteht also zu mindestens 70% aus neuen, frischen Baumwollfasern!

Auch die Zugabe von Plastik zur Kleidung ist bedenklich. In der Werbung wird davon gesprochen, wie der Müll aus dem Meer gesammelt und sinnvoll als Bekleidungsstück wieder verwertet wird. Für die Bekleidungshersteller sind Plastikmüll oder alte PET Flaschen ein billiger und damit willkommener Rohstoff, und sie verwenden ihn daher gerne und wollen seine Verwendung noch ausbauen!


Aber Kunststoffe lösen sich bei jedem Waschgang in Form von Mikrofasern aus der Kleidung und gelangen aufgrund ihrer geringen Größe durch jedes Sieb und jeden Filter ins Abwasser, später ins Meer und am Ende in uns.

Das den großen konventionellen Bekleidungsherstellern das Wohl der Menschen, die die Sachen z.B. in Bangladesch herstellen, nicht wirklich am Herzen liegt, wurde durch den zähen Kampf um den Entschädigungsfond nach dem Fabrikeinsturz von Rana Plaza im Jahr 2013 deutlich. Zur Erinnerung, damals waren ca. 1200 Menschen gestorben, weil sie von ihren Aufsehern gezwungen worden waren, in einem von der Polizei gesperrten, einsturzgefährdeten Haus zu arbeiten, dass dann leider auch wirklich einstürzte. In dieser Fabrik fertigten viele namhafte Unternehmen und viele davon haben Jahre gebraucht, bis sie die, für ihre Verhältnisse kleinen Beträge in den Entschädigungsfond eingezahlt haben.

In Bangladesch ändern sich jetzt zwar langsam unter dem Druck der Öffentlichkeit die Arbeitsbedingungen, aber nur bei den direkten Zulieferern. Deren Subunternehmen sind davon ausgenommen. Das das nicht sinnvoll ist, ist klar.

Selbst diese kleinen Verbesserungen für die Textilarbeiterinnen sind für manche Bekleidungshersteller schon Grund genug aus Bangladesch nach Myanmar ab zuwandern, wo nicht so viele Regularien gibt.

Zwar gibt es in Deutschland das "Bündnis für nachhaltige Textilien" in Zukunft mit dem "grünen Knopf" als Erkennungsmerkmal für "gute" Bekleidung. Die dort zusammengeschlossenen Hersteller, Gewerkschaften und NGOs bemühen sich für weniger Kinderarbeit, mehr Umweltschutz, gerechtere Löhne, Brandschutzabkommen, Arbeiterrechte, usw, aber das Bündnis ist ein rein freiwillige Veranstaltung, basierend auf Selbstverpflichtungserklärungen der Bekleidungshersteller. Es gibt keine Sanktionen und unabhängige Kontrollen vor Ort, und in den Firmen gibt es ganze Abteilungen, die wissen, wie man einen Nachhaltigkeitsbericht schreibt, so das er gut klingt. Nach meinem Sprachgefühl ist die Wikipediaseite zum Textilbündnis bereits in diesem Stil geschrieben.

Kathrin Hartmann, Journalistin und Buchautorin von "Die grüne Lüge. Weltrettung als profitables Geschäftsmodell" sagt dazu, dass die Politik nicht von uns verlangen soll, fair von unfair hergestellten Produkten zu unterscheiden und dann die fairen zu kaufen, sondern dass sie dafür sorgen soll, dass wir nur faire Produkte zur Auswahl habe!
Es geht ihr nicht um Bevormundung, sondern viel mehr um die Tatsache, dass uns als Verbraucher Sachen zum Kauf angeboten werden dürfen, die unter Menschenrechtsverletzungen hergestellt worden sind.

Ganz abgesehen davon: Der Marktanteil von fair und bio liegt vielleicht bei 1%. Das bekannteste und glaubwürdigste Siegel für fair und bio, nämlich G.O.T.S tragen nur 5 von 10000 Kleidungsstücken, das sind 5 Promille. Das heißt für mich, dass es den meisten Menschen leider völlig egal ist, wie, vom wem und unter welchen Bedingungen ihre Bekleidung hergestellt worden ist.

Wenn man aber nachhaltiger unterwegs sein will, gibt es nur eines: den Verbrauch von Bekleidung zu reduzieren, also die Sachen länger zu tragen, zu tauschen, zu reparieren und am Ende als Lappen zu verwenden. Alles andere ist nicht nachhaltig, egal was die Werbung der konventionellen Bekleidungshersteller sagt.